Israel Shamir

The Fighting Optimist

Abzug aus Gaza – Israel Shamir im 3sat-Interview

Das von 3sat auf Betreiben inquisizionistischer Pressure groups zensierten Interviews mit Israel Shamir, basierend auf einer Mitschrift, die auf de.soc.politik.misc veröffentlicht wurde (einzelne Fehler korrigiert):

Gespräch mit dem israelischen Schriftsteller Israel Shamir bei 3sat “kulturzeit” über die Folgen der von Ariel Scharon durchgesetzten Räumung einiger der jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen:

Shamir: Ich erwarte keine großen Auswirkungen. Der Gaza-Abzug ist eine große historische Show. Wir sind Darsteller, aber dem Publikum ist gar nicht klar, daß man nur Teil einer Aufführung ist. Nur sehr wenig wird sich wirklich ändern. Letzlich erwarte ich, daß hier eine gute Dramaturgie vorliegt für eine Änderung des Regimes in einem Gefängnis, denn der Gaza-Streifen ist ein Gefängnis. Der Gaza-Streifen wird von außen regiert, nicht von innen. Ich erwarte also wenige Veränderungen in der Realität. Aber es wird eine wichtige Änderung geben und das sollten wir zu verhindern versuchen, nämlich der Versuch der Regierung Scharon wenig zu tun und falsches zu tun und daraus politisches Kapital zu schlagen. Dieses politische Kapital wird eingesetzt werden, um andere schlechte Dinge zu verbergen. Wir sehen jetzt schon, daß Jerusalem völlig eingemauert ist. Ost-Jerusalem ist in einer schwierigen Situation, es werden Häuser in der gesamten Westjordan-Region abgerissen und es wird weitere Dinge geben, insbesondere besteht die Möglichkeit, daß ein Krieg mit dem Iran ausbricht. Das heißt also, daß Scharon hier politisches Kapital ansammelt und dieses Kapital will er ausgeben. Deshalb meine ich, daß wir ein besseres Verständnis brauchen, daß wir versuchen müssen, der Welt zu erklären, daß dieser Schritt nicht in die richtige Richtung geht. Die einfachen Menschen, die jetzt in Gaza ihre Heimat verlieren, sehen das natürlich nicht so. Man verspürt Mittleid mit den Menschen dort, die nicht wissen, was vorgeht, die nicht wissen, warum sie aus ihren Häusern verjagt werden. Aber es handelt sich einfach um eine Aufführung. Ich kann das ganz einfach sagen, vor einigen Wochen hat die israelische Armee ein palästinensisches Dorf komplett vernichtet: Khirbet Tana. Das Dorf wurde komplett abgerissen und die Menschen wurden einfach weggejagt. Die israelische Armee hat das gemacht und dabei alle Journalisten ferngehalten. Das heißt, die Welt hat von dieser Vertreibung nie erfahren! Jetzt aber sieht die Welt die Vertreibung der Siedler aus Gaza. Und so etwas führt natürlich zu einem irrigen Verständnis der Entwicklung und jetzt entsteht hier das Gefühl, daß ein großes Opfer gebracht wird. Aber es handelt sich um keinen großen, wichtigen Schritt, das sehen auch mehr und mehr Menschen ein! Es gibt das englische Magazin “New Statesman”, das hier einen interessanten Bericht veröffentlicht hat, das läuft eingentlich auf das Gleiche hinaus. Scharon sorgt vor Ort für Emotionen, aber damit verdeckt er nur, was er in Israel und im Westjordanland tut. Insofern bin ich überhaupt nicht optimistisch. Die Entwicklung geht in die falsche Richtung. Es gab überhaupt keinen Grund, diese armen Menschen dort zu vertreiben, also die Siedler. Die Mehrzahl der Palästinenser mit denen ich gesprochen habe, hatten gar nicht dagegen, daß die Siedler dort geblieben wären. Scharon musste aber diese Show aufführen, mußte das Gefühl eines Opfers schaffen, um dieses politische Kapital zu sammeln, das er anderweitig auszugeben gedenkt und das wird sicherlich nicht gut laufen.

Moderator: Wie sehen sie die Zukunft Gazas?

Shamir: Ich möchte es ganz einfach ausdrücken: Nehmen wir einmal an, man sitzt im Gefängnis und jeden Morgen wird man um 6 Uhr vom Wärter geweckt und jetzt kommt der Wärter und sagt den Häftlingen, wir erlauben euch jetzt euch innerhalb des Gefängnisses frei zu bewegen obwohl der Zaun darumherum bleibt. Darüber freuen sich die Häftlinge natürlich. Insofern ist es ein gewisser Fortschritt. Aber es gibt noch einen weiteren Unterschied: im Gefängnis bekommen die Häftlinge zumindest noch etwas zu essen. In Gaza, diesem großen Gefängnis, bekommen sie noch nicht eimal etwas zu essen! Denn das ganze wird ja von der Weltgemeinschaft finanziert. Israel hat so die bequemste Lösung, Israel kann seine Waren nach Gaza verkaufen, wird aber nichts Gutes für Gaza leisten.

Moderator: Wird denn mit dem Rückzug aus Gaza ein Rückzug aus der Westbank denkbar?

Shamir: Ich sehe es umgekehrt Scharon will zeigen, daß ein Rückzug aus dem Westjordanland unmöglich ist. Er wird sagen: Gaza war schon schwer genug. Es war fast unmöglich 4.000 Menschen aus Gaza abzuziehen und dafür muß die Welt Milliarden bezahlen. Und wenn wir jetzt 400.000 Siedler aus dem Westjordanland abziehen wollen, dann wird das nicht gehen. Das versucht er hier zu zeigen, deswegen führt er das so auf! Das ist ausführlich diskutiert und öfters gesagt worden, daß ein weiterer Rückzug nicht denkbar ist. Scharon hat es auch oft genug gesagt. Er gibt Gaza auf, um das Westjordanland zu behalten. Insofern erwarte ich keinen Rückzug aus dem Westjordanland. Das wird ein großes Internierungslager bleiben, wie es das über die ganzen Jahre gewesen ist, und in dem Lager darf man sich selbst verwalten, aber es bleibt ein Lager.

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