Israel Shamir

The Fighting Optimist

Dämonen und Engel

Wir haben gelernt: „Macht euch nicht selbst zu Göttern“; jetzt ist es Zeit, zu lernen „Macht euch nicht  zu Dämonen“.

Die Dämonisierung seines Feindes ist eine relativ neue Erfindung. In den guten alten Zeiten kämpften Männer und schlossen dann Freundschaft – und kämpften erneut, wie die mutigen Helden der Ilias und wie die tapferen Ritter von König Artus. Die Krieger, die kämpften und einander töteten, werden auf immer kämpfen und am gleichen Tisch in Walhalla Met trinken. Zwar berichtet das Alte Testament von Josua, der den ersten Nürnberger Prozess einführte, als er fünf gefangene Könige im Namen des Herrn tötete, weil sie „Juden hassten und gegen sie kämpften.“ [Josua, 10]. Jedoch wurden seit Josua bis ins 20. Jahrhundert geschlagene Könige selten getötet und ein guter Kampf hatte wenig mit Hass zu tun. Die ideologischen Glaubenskriege – die Kreuzzüge – bildeten keine Ausnahme in dieser Hinsicht, da die muslimischen und christlichen Krieger nicht vergaßen, dass sie – und ihre Feinde – Menschen waren. Don Rodrigo El Cid stand abwechselnd im Dienste des Königs von Kastilien und des Emirs von Saragossa; die heidnische Clorinda war eine Heldin in Torquato Tassos Gerusalemme Liberata. Bei der berühmten Hochzeit im belagerten Schloss von Kerak, hatten die Kreuzfahrer dem belagernden Saladin ein Stück Hochzeitstorte geschickt und dieser brachte in Erfahrung, in welchem Turm die frisch Vermählten schliefen, so dass seine Armee ihre Katapulte woanders hin wenden konnte. Prinz Igor vom Kiewer Rus griff die Komanen, ein Steppenvolk, an; wurde geschlagen und gefangen genommen, heiratete jedoch während seiner Gefangenschaft die Tochter des Komanen-Khans. Im 19. Jahrhundert bewunderten der Deutsche Goethe und der Russe Lermontow Napoleon, den Feind ihrer Länder, und Kamal und der Sohn des Colonel tauschten in der Erzählung von Kipling Geschenke nach einem Schusswechsel in Fort Bukloh aus.

Die Dinge begannen sich vor hundert Jahren zu ändern mit dem Erscheinen von Demokratie und Massenmedien, da es nötig wurde, viele Menschen zu überzeugen, dass ein Krieg notwendig und gerechtfertigt sei. Die „Gute Kerle/ schlechte Kerle“-Vereinfachung Hollywoods verdrängte die alte Unterscheidung „Freund/ Feind“, und der Feind wurde an sich und unverbesserlich „schlecht“. Dies war eine böse Neuigkeit, denn ein Feind kann zu einem Freund werden, ein Bösewicht jedoch nicht zu einem Guten. Er musste getötet werden, und tatsächlich wurde er normalerweise mittags umgebracht. Bewunderung für den Feind wurde unmöglich; jeder Krieg wurde zu einem Krieg zwischen den Söhnen des Lichts und den Söhnen der Finsternis. In solch einem Krieg ist kein Platz für Mitleid; Grausamkeit gegenüber Zivilpersonen ist unerlässlich.

Eine erste ernsthafte Runde in der Dämonisierung des Feindes wurde von den US-Medien losgetreten, um das unwillige Amerika in den Ersten Weltkrieg gegen Deutschland zu ziehen, die Belohnung, die Weitzman Balfour für Palästina versprochen hatte. Mit den Worten von Benjamin Freedman, „nachdem die Zionisten die Möglichkeit erblickt hatten, Palästina zu bekommen, änderte sich alles, so wie eine Ampel von Rot auf Grün umspringt. Wo die Zeitungen alle pro-deutsch gewesen waren, waren die Deutschen ganz plötzlich Lumpen. Sie waren Bösewichter. Sie waren Hunnen. Sie erschossen Rote-Kreuz-Schwestern. Sie schnitten Babys Hände ab.“

Die Deutschen wurden angeklagt, Seife aus britischen Kriegsgefangenen hergestellt zu haben (ja, die Seifen-Story von Nürnberg ist nur eine Neuauflage des alten Schwindels), belgische Babys mit Bajonetten aufgespießt zu haben (dies wurde 1991 neu aufgelegt, als die Iraker angeschuldigt wurden, kuwaitische Babys aus den Brutkästen gerissen zu haben),  ein Passagierlinienschiff versenkt zu haben (beladen mit Munition, aber dies wurde dreißig Jahre vor Dresden als eine schlimme Grausamkeit angesehen). Es gibt ein Poster aus der Kriegszeit, dass einen Deutschen als einen scheußlichen Gorilla zeigt, der ein blondes Mädchen schnappt, ein Vorläufer von King Kong.

Diese Dämonisierung von Deutschen nahm in den 1930ern noch zu und ermöglichte den Boykott deutscher Waren angefangenen mit dem zionistischen Palästina, und nach dem Krieg wurde sie zu einer neuen Hierarchie des Bösen kristallisiert mit Hitler als der Inkarnation eines neuen Satans aus Fleisch und Blut. Seitdem tauchen böse Nazis öfter als Cowboys in so vielen Hollywood-Filmen auf, und wir leben heute in einer Welt, in der der Hinweis auf Hitler gleich dem Gipfel des Bösen ist.

Jetzt muss man eine Ähnlichkeit mit Hitler herstellen, um zu dämonisieren, und es wird genügen. Araber und Muslime kämpfen gegen Juden, daher sind sie Nazis und können als böse angesehen werden. 1956 beschrieb der britische Premierminister Macmillan Jamal Abd el Nasser als einen „neuen Hitler“, weil er den Suez-Kanal verstaatlicht hatte. 1982 nannte Begin Yassir Arafat „einen neuen Hitler“, weil er seinen Angriff und seine Bombardierung Beiruts rechtfertigen musste. Stalin war „schlimmer als Hitler“ in einer Rede von Präsident Bush. Nun ist die Reihe an Iran, dessen Präsident gewohnheitsmäßig als ein „neuer Hitler“ beschrieben wird und sein Volk – als „Islamfaschisten“. Ironischerweise vergleichen Unterstützer des Iran Bush mit Hitler und Bushiten mit Nazis. Dies erinnert an Huey Long aus Louisiana; als er gefragt wurde, ob der Faschismus jemals nach Amerika kommen könnte, antwortete er: „Klar. Man wird ihn nur Anti-Faschismus nennen.“

Hollywood produzierte einige Filme, die Dämonen-austreibende Priester darstellen; Sie könnten auch einen drehen über einen dämonisierenden Rabbi nach Shmuley Boteach, Autor eines Buches „Über die Notwendigkeit das Böse zu hassen“, der schrieb: „Ahmadinejad ist ein internationaler Gegenstand des Abscheus, der für sich Anspruch erheben kann, der am meisten hasserfüllte lebende Mensch zu sein.“ Die Politiker blieben nicht weit dahinter zurück, so Netanyahu: „Hitler begann als erstes mit einem Weltkrieg und versuchte dann, Atomwaffen zu bekommen. Der Iran versucht als erstes, Atomwaffen zu bekommen.“ Und Gingrich: „Dies ist 1935 und Mahmoud Ahmadinejad ist Adolf Hitler so nah, wie wir es noch nie gesehen haben.“

Die Israelis werden fuchsteufelswild, wenn sie mit den Nazis verglichen werden. Sie wetteifern sofort endlos darin, „den Unterschied herauszustreichen“: die Nazis beschlugen die Stiefel, wir stiefeln in Schuhen, sie schnarrten auf Deutsch, wir singen in unserem melodischen Hebräisch, die Nazis waren gegen die wunderbaren Juden, wir sind gegen die rohen Araber. Natürlich sind Israelis anders als Nazis; und es ist vorzuziehen, ein Franzose im von Deutschland besetzten Frankreich zu sein, als ein Palästinenser im jüdisch-besetzten Palästina. Es gibt keinen palästinensischen Céline, keinen palästinensischen Sartre oder Gide, um für die Besatzungsmacht Partei zu ergreifen, da die jüdische Besatzung schärfer ist.

Den Amerikanern gefällt es, sich selbst als „gute Jungs“ gegen Hitlers „böse Jungen“ zu sehen. Aber objektiv gesprochen gab es zwischen beiden Seiten kaum einen Unterschied. Die Amerikaner waren brutal genug: sie verbrannten Dresden, warfen Atombomben auf Hiroshima, ließen Millionen deutscher Kriegsgefangener verhungern. Sogar ihr Rassismus war durchaus vergleichbar: In den USA wurde eine sexuelle Verbindung zwischen Ariern und Schwarzen lange Jahre vor den Nürnberger Gesetzen als kriminelles Vergehen angesehen und blieb dies lange nachdem die Nürnberger Gesetze für nichtig erklärt worden waren (Alabama strich es 2000 aus seinem Gesetzbuch).

Ich möchte mir keinen Gedanken darüber machen, die sowjetische Seite im Krieg auch nur zu erwähnen, da es ein Gemeinplatz geworden ist, Stalin als moralisch gleichwertig mit Hitler anzusehen und die Kommunisten als moralisch gleichwertig mit den Nazis, obwohl diese Behauptung auf ein paar Phantasien von Statistiken des Kalten Krieges beruht, und tatsächlich hatte Stalins Gulag nie so viele Insassen wie die Gefängnisse von George Bush.

Nun ist die Dämonisierung eine heidnische Sache. Nur ein arroganter und gottloser Mann kann in seiner Hybris seine ihm eigene moralische Überlegenheit über einen anderen Sterblichen behaupten. Daher war die Dämonisierung auch unbekannt, bis die Kirche an den Rand gedrängt wurde. Es ist nicht besser Fleisch und Blut zu dämonisieren als es zu vergöttern. Wir haben gelernt: „Mach dich nicht zu einem Gott“; jetzt ist es an der Zeit zu lernen „mach dich nicht zu einem Dämon“. Wir sind gesegnet mit unseren Freunden und gesegnet mit unseren Feinden. Wie sind keine Engel und unsere Feinde sind keine Dämonen.

In diesem Sinne können wir von Juden lernen, die es standhaft und weise ablehnen, einen der ihren zu dämonisieren. Ariel Sharon war ein brutale Killer von Frauen und Kindern, der im Ruf stand, „ein Hitler für die Palästinenser“ sein zu wollen; aber die The New York Times von Sulzberger ignorierte  unsere vergeblichen Versuche, ihn zu dämonisieren, er wurde gut von  Herrschern und Mächtigen empfangen, und er ging in die Geschichte ein als freundlicher alter Soldat.

Die Juden erlaubten weder die jüdischen Vollstrecker von Stalins Geheimpolizei zu dämonisieren, noch gar die unbarmherzigen jüdischen Bandenkiller, die im Gedächtnis behalten werden als „Männer, die ihre jüdischen Mütter liebten“.

Die Juden gehen nicht in die Falle der Dämonisierung, da sie wissen: jeder kann dämonisiert werden. Diese Lektion wird vom Talmud erteilt anhand des Beispiels von Hiob, der „perfekt war und aufrecht und Gott fürchtete und das Böse verabscheute“. Doch die Weisen überführten ihn dennoch als einen bösen Kerl, einfach zum Spaß. Die Schrift sagt, dass Hiob nicht mit seinen Lippen sündigte. Dies Weisen sagten, dass er aber doch mit seinem Herzen sündigte. Als ob das nicht genug wäre, sagte Hiob „der, der zur Hölle hinabfährt, soll nicht mehr wieder kommen“ – und leugnete so die Auferstehung von den Toten etc. So kann jeder dämonisiert werden doch keiner sollte dämonisiert werden.

Darüber hinaus dämonisierten die weisen Juden nicht einmal Satan selbst. Warum stachelte Satan Gott gegen Hiob auf, fragte ein Talmud Gelehrter und antwortete so: Gott wurde zu begeistert von Hiob und Er vergaß beinahe die Liebe Abrahams. Satan griff aus den besten Gründen ein, damit der rechtmäßige Platz Abrahams erhalten bliebe. „Als Satan diese Predigt gehört hatte, kam er und küsste die Füße des Weisen“, sagt der Talmud (Baba Bathra 15).

Dies war weise, denn Satan ist Gott nicht ebenbürtig und er hat in Seinen Plänen einen Platz. Dieser theologische Irrtum der Dämonisierung wurde von dem deutschen katholischen politischen Wissenschaftler [1]Carl Schmitt gut erfasst. Er wird oft dargestellt als ein Mann ohne moralische Skrupel; aber dies ist das Ergebnis eines Missverständnisses. Für ihn „kann die Unterscheidung zwischen Freund und Feind kann nicht auf Moral beruhen. Es ist eine Angelegenheit von wirgegen sie, nicht von Gut gegen Böse. Beide Seiten sind Menschen, daher riskiert ein Politiker, der ‚sie’ als moralisch unterlegen oder ‚böse’ bezeichnet, nicht nur die Hybris der Arroganz, sondern auch die der Blasphemie des Leugnens, dass Gott der Schöpfer aller war. Die Macht des Herrn ist über allen, sogar über den Feinden. Es wäre Gotteslästerung, seine Feinde als weniger menschlich zu behandeln. Aus der Sicht Schmitts sind wir alle moralisch gleich, obwohl es die Politik manchmal ‚nötig’ macht, seine Feinde zu töten“, so die kurze aber präzise Darstellung eines modernen amerikanischen Philosophen Newton Garver.

Scott Horton missverstand die Idee Schmitts so komplett, dass man sich wundert, ob das möglich sein kann. Es schrieb: „Für Schmitt ist der Schlüssel für erfolgreiche Kriegführung gegen einen solchen Feind die Dämonisierung…Laut Schmitt spiegeln die Normen des internationalen Rechts hinsichtlich bewaffneter Konflikte die romantischen Illusionen eines Ritterzeitalters wieder.“ Ganz anders war Schmitt aber für einen Krieg der Uniformen, der zwischen zwei Armeen geführt wurde, bei dem Zivilisten herausgehalten wurden. Er war gegen Dämonisierung, da dies für einen religiösen Mann nicht akzeptabel ist. Horton ist sich bewusst, das seine Deutung von Schmitt fehlerhaft ist, da er richtig schreibt: „Schmitt drückt gleich zu Anfang die ernstesten moralischen Bedenken über sein Konzept der Dämonisierung aus. Es ist, fürchtet er, ‚hoher politischer Manipulation ausgesetzt’, die koste es, was es wolle, verhindert werden muss.’“ Horton benutzt Schmitt, um John Yoo anzugreifen, ein von Bush Ernannter, der Alan Dershowitz nachfolgte in der Zulassung der Folter, aber statt dass er sich auf Dershowitz, den Zionisten, bezieht, beruft er sich auf Schmitt, der als „Nazi-Rechtsdenker“ dargestellt werden kann. Das Ziel (Yoo anzugreifen) ist zulässig, aber die Mittel (die Verbindung mit Schmitt herzustellen) sind faul.

Hortons Artikel kann als Fortsetzung der extremen Dämonisierung von Deutschland der 1930er verstanden werden. Er bezieht sich auf Leo Strauss, „ein lebenslanger Bewunderer von Carl Schmitt, ein Gelehrter und Lehrer seines Werkes“, aber versäumt es, den großen Unterschied zu sehen. Schmitt war sich Gottes bewusst, Strauss war so gottlos, dass er die Zionisten im Jerusalem der 1930er mit seinem totalen Atheismus schockierte. Von diesen beiden Männern, Strauss der Neocon-Vorläufer und Schmitt der Nazi-Rechtsdenker, ist es Schmitt, der zu einer humanen Haltung gegenüber einem Feind aufrief, wohingegen Strauss alle entmenschlichte.

Horton schreibt: „Carl Schmitt war ein rationaler Mann aber er war gezeichnet von einem Hass auf Amerika der ans Irrationale grenzte. Er sah amerikanische Artikulierungen von internationalem Recht als Betrug mit Heuchelei an und sah in der amerikanischen Handlungsweise des späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts eine bedrohliche neue Form des Imperialismus.“ Ich frage mich, was ist daran irrational? Sogar ein Mann auf unserer Seite der Barrikaden (und Horton ist hier) kann nicht zugeben, dass der Staat, der gegen jede Resolution, die Israel verurteilt, Veto einlegt und zum Krieg gegen den Iran aufruft, so heuchlerisch ist, dass Molière seinen Tartuffe umschreiben würde, wenn er davon wüsste. Hortons typisch jüdische Haltung – „wenn wir kritisiert werden, ist das blinder Hass“ – wurde zum Kennzeichen amerikanischen Denkens, dass aus der Dämonisierung  des Feindes erwuchs.

Man kann nicht nur eine Person dämonisieren und dann Halt machen: Eine Dämonisierung zieht weitere nach sich. Die Angriffe auf Muslime, Araber, Iraner sind Fortsetzungen der vorangegangene Angriffe auf Deutsche. So schrieb der kanadisch-jüdische Kolumnist Mordecai Richter: „Deutsche sind mir ein Ekel. Ich bin froh, dass sie Dresden ohne sinnvollen militärischen Zweck bombardiert haben. Für mich konnten die Russen  deutsche Kriegsgefangene gar nicht lange genug zurückhalten und misshandeln.“ Und der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel verbesserte ihn noch: „ Jeder Jude sollte irgendwo in seiner Person eine Zone des Hasses reservieren – gesunder, männlicher Hass – auf das, was der Deutsche personifiziert und was in den Deutschen fortbesteht.“ Von hier aus war es ein kurzer Sprung zu Dan Gillerman, Vertreter Israels bei der UNO, der die Hisbollah „skrupellose, einförmige Tiere“ nannte, und zu Raffael Eitan, 1982 Israels Stabschef, der die Palästinenser als „betäubte Kakerlaken in eine Flasche“ stopfte. Aber jetzt folgen sogar Deutsche glücklich dieser Richtung der Anklage gegen ihren ehemaligen Führer und schließen sich der umfassenden Verdammung von Iran und den Arabern an. „Präsident Ahmadinejad ist mit seinem Bestehen auf dem iranischen Nuklearprogramm ein aufkommender Adolf Hitler“, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.

Tatsächlich sind Menschen, die feindseligen Angriffen ausgesetzt waren, begierig, sich der Gruppe anzuschließen und gegen jemand anders feindselig zu sein, es ist nur menschlich oder sogar eine Affeneigenschaft. Ein wunderbarer mexikanischer Maler, Miguel Covarrubias, erwähnt so einen Fall in seinem unglaublich unterhaltsamen Buch über Bali. In einem balinesischen Haushalt kletterte ein wütender zahmer Affe auf einen Baum und schmiss Kokosnüsse überall herum. Vergeblich versuchten die Besitzer, den Affen herunterzuholen, indem sie ihm Bonbons anboten. Dann trieben sie einen mitleidigen Zwerg, einen Diener, in die Enge und machten eine überzeugende Szene, ihn zu prügeln und zu schlagen, und siehe! Der Affe kletterte herunter und schloss sich den Verfolgern im wilden Gerangel an. In kürzester Zeit war das dumme Tier wieder in einem Käfig. Um außerhalb des Käfigs zu bleiben, sollte sich der Affe klar von der Versuchung fernhalten, sich einem erlaubten Angriff auf jemand anderen anzuschließen. Offensichtlich ist das eine schwierige Aufgabe sogar für Menschen.

Daher müssen wir, wenn wir den Frieden in der Welt wieder herstellen wollen, uns völlig von Dämonisierung fernhalten, auch gegen den Topp des Bösen, Adolf Hitler. Mir ist Hitler in jeder Hinsicht egal. Weder bewundere ihn, noch liebe oder hasse ich ihn, noch Napoleon oder Dschingis Khan. Diese Plagen sind tot. Ich habe eine Schwäche für den gegenwärtigen Hitler, Ahmadinejad; Ich habe keine Übelkeitsgefühle gegen die Hitlers von gestern, sei es Saddam Hussein, Nasser oder Yassir Arafat. Mein Vater kämpfte für Stalin und Präsident Bush hat Ihnen erzählt, dass Stalin schlimmer als Hitler sei. Für mich ist „Hitler“ ein Gattungsname für einen Feind der Juden, wie „Amalek“.

In der Tat ist ein Mann, der so starke Gefühle gegen Hitler hat ein Heide, er verleugnet Gott und wählt Fleisch und Blut als seinen persönlichen Gott und seinen persönlichen Dämon. Daher konnten die achtsamen Juden der Neturei Karta auf die Konferenz von Teheran gehen, während die gottlosen abgeschreckt wurden vom Namen des toten Österreichers. Die Dämonisierung Hitlers verursachte die Vergötterung der Juden und so wurde die Theologie des völlig heidnischen Neo-Judaismus geschaffen.

Die Schöpfung des menschengemachten Gipfel des Bösen verursachte eine Reihe von Anomalien im öffentlichen Diskurs. Die Dämonisierung des Rassismus ist ein Resultat. Man kann einen dummen Mann, der sich selbst von besserer Rasse wähnt als andere, widerlegen. Jedoch ist dies noch eine sehr verbreitete Art der Eitelkeit, die von vielen Menschen von „höheren Kasten“ in unserer Gesellschaft geteilt wird, z.B. von adeliger, priesterlicher und jüdische Abkunft. Falls und wenn diese angeblich höherrangigen Personen ihre Eitelkeit aufgeben, wenn sie auf ihre Titel verzichten und ein Freudenfeuer mit dem Buch Threat of Assimilation[2] von Lipstadt machen, dann können sie sich um den Splitter im Auge ihres normalen Nachbarn kümmern.

Schmalspur-Rassismus ist kaum ein Problem in unserer Gesellschaft. Ich, ein dunkelhäutiger, schnurrbärtiger, mediterraner Mann, habe ihn niemals erfahren während der 60 Jahre meines vielgereisten Lebens. Zugegebenermaßen habe ich nie versucht, die einheimischen Einwohner zu verärgern durch das Spielen lauter ausländischer Musik, Praktizieren seltsamer Gebräuche in der Öffentlichkeit oder auffälliges Verhalten. Es gibt auch eine Art stammesmäßiges Gefallen und Missfallen in Israel, hauptsächlich zwischen verschiedenen jüdischen Stämmen, und es ist sicherlich unangenehm genug, aber ich bin mir nicht sicher, ob das mit dem bösen alten Rassismus zu tun hat.

Rassismus ist so ein geringes Problem, dass die Suche nach aufopferungsvollen Rassisten völlig auf Abwege gerät. Ein französischer Parlamentarier, Georges Freche, wurde aus seiner Partei ausgeschlossen, weil er sagte, dass die nationale Fußballmannschaft nicht nur schwarz sein sollte. Er sagte öffentlich: „Neun von elf Spielern in unserer Fußballnationalmannschaft sind schwarz. Drei oder vier schwarze Spieler wäre eine normaler Anteil gewesen.“ Schwarze sind in der Tat gut im Sport und in der Musik vertreten, wie die Griechen bei Homer, aber vielleicht sind die einheimischen Franzosen auch interessiert und auch berechtigt, Fußball in ihrer eigenen Mannschaft zu spielen. Ja, dieser Satz erscheint ein wenig abseits der strikten Lesart der politischen Korrektheit; aber sicher noch im Rahmen des gesunden Menschenverstandes.

Diese Gleichheitsideen sollten ihre Meinung äußern können, ihnen sollte aber nicht freier Lauf gelassen werden. Es ist in Ordnung für Schweden, von Zeit zu Zeit einen weiblichen Pastor zu haben, aber nun es gibt keine männlichen Pastoren mehr und nur noch wenige Gottesdienstbesucher. So ähnlich werden die einheimischen Franzosen sogar nicht mehr daran interessiert sein, noch Fußball anzuschauen, wenn alle Fußballspieler schwarz wären. Wirklich sollte die französische Fußballnationalmannschaft nicht ganz (oder vorwiegend) schwarz sein; und die führenden Journalisten und Diskussionsführer des französischen Fernsehens sollten nicht alle (oder vorwiegend) jüdisch sein. Die Afrikaner und die Juden kamen nach Frankreich, sind zufrieden mit der französischen Gastfreundschaft und versuchen nicht, die Einheimischen zu verdrängen. Wenn die französischen Sozialisten fortfahren, so streng mit ihren Mitgliedern zu sein, werden sie mit den Dinosauriern in die Vergessenheit geschleppt werden; und Segolene Royal wird nur der Name einer Politikerin sein, die Le Pen daran hinderte, Sarkozy zu überholen.

In England äußerte eine Balletttänzerin, Simone Clarke, ihre Meinung, dass das Land genug Immigranten habe und dass der endlose Prozess des Importierens von Arbeitern verlangsamt werden oder sogar aufhören solle. Nun, es ist eine Meinung, die sicherlich vernünftig und im Rahmen des Grundgesetzes oder der Magna Carta, oder was immer heutzutage für die Freiheit der Rede spricht. Einige verrückte Anti-Rassisten gingen los, um gegen das Engagement der Tänzerin im Ballett zu demonstrieren. Die Tänzerin ist eine gute Person, nicht eine Rassistin in der eigentlichen Bedeutung des Wortes; nicht das es von Bedeutung wäre, aber sie ist sogar mit einem chinesischen Tänzer verheiratet; aber für die gottlosen besessenen Hitler-Dämonisierer darf selbst so eine moderate Meinung nicht ausgesprochen werden und wenn doch, sollte die betreffende Person auf die Straße gesetzt, entlassen und obdachlos gemacht werden. Als ein Kommunist bin ich für Simone Clarkes Recht, zu BNP (British National Party, Anm. d. Übers.) zu gehören undGiselle auf der Bühne des Englischen Nationaltheaters zu tanzen und die aktiven Protestierer sollten zuerst gegen Barbara Amiels Artikel im Daily Telegraph demonstrieren.

In Deutschland gehen diese Antirassisten und Antinazis mit israelischen Flaggen herum und fordern, die Kaffiyes[3] abzulegen, wie Schneider aus Leipzig:

„Was wir alle teilen, ist die Unterstützung Israels und das Aufstehen gegen jede Form von Antisemitismus, Faschismus oder Sexismus“, sagte der Direktor des Zentrums, Christian Schneider, 26. Ein gutes Beispiel für die pro-Israel-Aktivitäten in Leipzig ist die öffentliche Kampagne gegen das Tragen der Kaffiyehs, einst ein wichtiges Accessoire im Kleiderschrank der europäischen linken Aktivisten. „Haben Sie ein Problem mit Juden oder haben Sie nur einen kalten Nacken?“, war der Slogan für die Kampagne, die von dem Zentrum in den letzten Jahren organisiert worden war. Die Kampagne zielte darauf, junge Leute davor zu bewahren, etwas zu tragen, was das Zentrum als ein Symbol der Identifikation mit den Palästinensern und mit Anti-Semitismus deutete, berichtete Haaretz.

Diese verrückten Dinge sind das Ergebnis einer extremen Dämonisierung von Hitler. Wieder können wir von den Juden lernen, die Immigranten per Flugzeugladung ausweisen, Rassenvermischung und Assimilierung bekämpfen und dabei stets hinzufügen „dies ist kein Rassismus“. Warum ist es kein Rassismus? In einem jüdische Witz war ein Rabbi auf einer Reise verspätet, er merkte, dass sich der Sabbat näherte, so betete er, und ein Wunder geschah: es wurde überall Sabbat, aber es war noch immer Freitag im Cadillac des Rabbi. Genauso ist die Bekämpfung von Rassenvermischung (ja das Wort in den Mund zu nehmen) rassistisch; aber wundersamerweise nicht für einen Juden.

„Rassismus“, d.h. der Vorzug, den ein Einheimischer einem Einheimischen gibt auf Kosten eines Fremden, ist ein völlig normales und normatives Verhalten. Diese Haltung wird von der Bibel befohlen, diese Haltung stellt die enge Beziehung zwischen einem Menschen und seinem Boden sicher. In einem jüdischen Gebet wird Gott um Regen gebeten und darum, die Gebete eines Fremden nicht zu erhören, der um trockenes Wetter bittet. Etwas moderater „Rassismus“ ist der beste Wächter des Landes; und Sie haben keinen Grund, sich Sorgen zu machen; cosi fan tutti, sie machen es alle.

Aber Vorsicht, „Rassismus“ ist keine Tugend im Christlichen Buch. Aber genauso wenig sind es Gier, Gefräßigkeit, Lust, Neid und Stolz. Jedoch sahen wir noch nicht, dass ein Politiker, sagen wir, der Sozialistischen Partei, ausgeschlossen worden wäre, wegen des Schreibens einer Feinschmecker-Kolumne, wegen Abgabe eines Rates zum Aktienmarkt, wegen Mitmarschierens auf einer Schwulen-Parade, wegen des Kaufs eines Autos, das so gut ist wie das seines Nachbarn. Es gibt „Anti-Hass“-Gesetze aber keine „Anti-Stolz“-Gesetze.

Was immer man von den früheren Rassisten denken mag, heute wird dieser Titel der Verachtung jedem verliehen, der Wurzeln nicht verleugnet und die Bindung des Menschen an seinen Boden und seine Gemeinschaft. Ein archetypischer Rassist unserer Tage, sagen wir ein Heiliger der Rassisten, würde Simone Weil sein, die Wurzeln als eine Tugend ansah und Entwurzelung als Sünde.  (Sie wandte sich 1939 vehement gegen die Dämonisierung von Deutschland in Frankreich). So sündigte jeder, der Immigration unterstützt, da er Entwurzelung unterstützt. So kann man darüber streiten, ob es besser ist, gut zu seinem Nachbarn, dem potentiellen Immigranten, zu sein, indem man ihm erlaubt zu kommen und zu bleiben; oder indem man ihm verbietet, seine Heimat zu verlassen. Es gibt keine todsichere Antwort auf diese Frage und das sage ich, der fortwährende Immigrant. Und wenn man Ihnen sagt „Sie sind rassistisch“, weil sie gegen Masseneinwanderung sind, antworten Sie mit „Sie sind entwurzelndes Gift“, so wie das Simone Weil tat.

Da sie außerstande sind, die Juden und die Amerikaner „zurückzudämonisieren“, tendieren die Nationalisten und die äußere Rechte dazu, die Russen, die Sowjets, die Kommunisten zu dämonisieren. Sie sind nicht allzu erfolgreich damit, daher haben wir es nicht sehr zu bekämpfen. Es genügt zu sagen, dass die verrückten Zahlen von „Millionen, die von Stalin, Mao, Pol Pot getötet wurden“ nur Phantasiegebilde sind. Keiner von ihnen tötete so viele wie das amerikanische Imperium es tat und noch tut. Keiner vertrieb so viele wie Israel.

Es gibt keine bösen Imperien, nur unkontrollierte. Sowjetrussland war kein böses Imperium, noch war es der Kommunismus verkörpert in Stalin und dem Gulag. Scholochow, Block, Pasternak, Esenin, Majakowskij und Deineka???? nahmen die Revolution an und drückten ihre Ideen in Kunst aus. Es war ein Land des großen und teilweise erfolgreichen Experiments in Gleichheit und Brüderlichkeit der Menschen, eines mutigen Versuchs, den Geist der Gier zu bekämpfen. Die Kommunisten und ihre Unterstützer versuchten, die Arbeit zu befreien, das Himmelreich auf die Erde zu bringen, die Armut abzuschaffen und den menschlichen Geist zu befreien. Der Kommunismus brachte die Sozialdemokratie Europas hervor.

Deutschland war kein böses Imperium, noch war der Geist des organischen Traditionalismus in Hitler oder Auschwitz verkörpert. Die Traditionalisten versuchten, ein alternatives Paradigma zu errichten, das auf Wagner, Nietzsche und Hegel gründete, um zu den Wurzeln und Traditionen des Volkes zu kommen. Nicht umsonst sahen die besten Schriftsteller und Denker Europas von Knut Hamsun zu Louis Ferdinand Celine, Ezra Pound, William Butler Yeats und Heidegger ein positives Element im traditionalistischen organischen Ansatz. Wenn Russland und Deutschland nicht dämonisiert worden wären, ist es sehr gut möglich, dass wir sie nicht zu solchen Extremen hätten gehen sehen.

Wir müssen das Ausgewogenheit der Vernunft und des Diskurses wieder herstellen, die im Gefolge des Zweiten Weltkriegs verloren ging, wegen des zu vollständigen Sieges des bourgeoisen „judäo-amerikanischen“ Gedankens. Anstatt Exzesse und Kriegsverbrechen zu verdammen, sollten wir das Geistesreich von Majakowskij bis Pound wiedergewinnen. Es gibt keine bösen Menschen, wir sind nach dem Bilde Gottes geschaffen und alle Ideen werden gebraucht, um neue Gedanken zu schaffen.

 

Übersetzung: Friederike Beck

 

[1] Staatsrechtslehrer, Anm. d. Übers.

[2] Die Bedrohung der Assimilation, Anm. d. Übers.

[3] Kaffiyeh=Palästinensertuch, Anm.d.Übers.

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